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Burnout und Burnout-Prävention


 

Der Burnout-Begriff ist bereits über 40 Jahre alt. Das Burnout-Syndrom wurde jedoch seit mehr als hundert Jahren unter den Begriffen Neurasthenie oder Psychosomatisches Erschöpfungssyndrom in der Literatur dokumentiert. Der Begriff Psychosomatisches Er-schöpfungssyndrom lässt erahnen, worum es bei Burnout geht - um eine nicht nur kurzfristige körperliche und psychische Leistungsstörung, hervorgerufen durch chronischen Stress am Arbeitsplatz. Stress kann hier vieles sein und ist zum Teil auch individuell. Beispiele hierzu sind: dauerhaft hohe Arbeitsbelastung, Konflikte mit Mitarbeitern, Kunden, Vorgesetzten, gelebte Unternehmenskultur, Arbeitsorganisation, Identifikation mit der Arbeit, realistische Leistungsziele, ... Mit einer psychosomatischen Erschöpfung gehen in der Regel alt bekannte psychische und somatische Erkrankungen einher. Typisch dafür sind zum Beispiel: Depression, Herz- Kreislauferkrankungen, Magen- und Darmstörungen, ... Das Arbeit nicht nur körperlich, sondern auch psychisch krank machen kann, ist also wirklich nicht neu. Erschreckend ist allerdings das Ausmaß, welches psychosomatische Erkrankungen inzwischen angenommen haben. In den letzten Jahren haben wir es mit einem beachtlichen Anstieg der Berufsunfähigkeitsquote aufgrund psychogener Ursachen, darunter vielen Störungen, die auch Burnout zu eigen sind, zu tun. So stieg der Berufsunfähigkeitsanteil von 20% im Jahre 2008 auf 30% im Jahre 2013 bei einem Durchschnittsalter zum Feststellungszeitpunkt von nur 49 Jahren. Menschen im besten Berufsalter werden arbeitsunfähig. Zum persönlichem Leid kommt ein immenser volks- und betriebswirtschaftlicher Schaden hinzu. Typische Symptome nach Schaufeli & Enzmann (1998) sind:

1. Stressreaktionen

  • Hektik
  • Ungeduld
  • Reizbarkeit
  • erhöhter Blutdruck
  • Magenbeschwerden

2. Gefühl reduzierter Effizienz

  • Angst, nicht mehr den Anforderungen gewachsen zu sein
  • fremdbestimmt zu sein, nur noch reagieren können
  • wie ein Hamster im Rad sein
  • Hilflosigkeit, kaum Selbstwirksamkeit

3. Reduzierte Motivation

  • Gefühle des Versagens, der Sinnlosigkeit
  • mangelndes Interesse am Beruf oder Aufgabenbereich
  • Verzweiflung bis hin zu Hoffnungslosigkeit
  • negative Einstellung zur Firma oder Beruf

4. Dysfunktionale Einstellungen zur Arbeit

  • Alkohol, Drogen
  • Entscheidungen verschieben
  • permanente Überstunden, Überarbeitung
  • Gefühl, alles selbst machen zu müssen
  • zu wenig Schlaf
  • Zynismus
  • Perfektionismus

 

 

 

Tina Anandi

Tina Anandi
Diplom-Psychologin

Wie bei vielen Störungen, ist auch Burnout nicht von einer auf die andere Sekunde auf einmal präsent. Es entwickelt sich schubweise, wenn nicht interveniert wird. Das heißt, Zeiten einer Verschärfung folgen wieder Zeiten einer spontanen Besserung, wobei die Grundtendenz bei fehlender Intervention in Richtung Verschärfung geht. Es können nach Edelwich & Brodsky (1980) mehrere Phasen bei Burnout unterschieden werden:

1. Idealistische Begeisterung
Selbstüberschätzung, hochgesteckte Ziele, ausgeprägter Optimismus, hoher Arbeitseinsatz sowie starke Identifizierung mit Kunden und der Arbeit
2. Stillstand
erste Enttäuschungen, Beschränkung der Kontakte auf Kollegen, Reduzierung des Lebens auf die Arbeit, Rückzug von Klienten und Vernachlässigung des Familienlebens
3. Frustration
Erfahrung der Erfolg- und Machtlosigkeit, Probleme mit Bürokratie, gefühlter Mangel an Anerkennung von Kunden und Vorgesetzten, Gefühle von Inkompetenz, psychosomatische Erkrankungen, Zynismus, Sarkasmus, versteckte und offene Aggression
4. Apathie
völlige Desillusionierung, Verzweiflung wegen schwindender beruflicher Alternativen, Resignation bis hin zur Hilflosigkeit mit depressiver, gehemmter Symptomatik
5. Intervention
Versuche, das Problem erst einmal selbst an zu gehen, Anti-Burnout-Training und bei schwererem Störungsbild Psychotherapie evtl. mit adjuvanter Pharmakotherapie bzw. Klinikaufenthalt. Britische Forscher haben in einer neuen und großen Studie mit 641 Betroffenen (vgl. P.D. White et al., 2011) mehrere Therapien überprüft. Am erfolgreichsten zeigten sich bei der klinischen Erschöpfungssymptomatik die Kognitive Verhaltenstherapie als auch die Aktivierungstherapie.

Anhand dieser Symptome ist zu erkennen, dass es nicht nur eine große Schnittmenge zur Depression gibt, sondern sich ähnlich wie bei Konflikten am Arbeitsplatz aktive Phasen durch passive Phasen und umgekehrt ablösen. Das Gute daran ist - sofern man bei Burnout wirklich von "gut" sprechen kann - dass Burnout bei frühzeitiger wirksamer Intervention hinsichtlich persönlicher und umweltbezogener Kriterien, dieses zurückgebildet werden kann. Arbeitsplatzbedingungen und Zufriedenheit mit der Arbeit sind wichtige Einflußfaktoren, die ein Burnout beeinflussen. Zur Prävention von Burnout ist entsprechend der Ursachen in der Regel ein multimodaler Ansatz notwendig.

Burnout-Prävention

Individuelle Maßnahmen

Zu den bewährten Präventionsmaßnahmen gehören die Fähigkeiten des Umgangs mit Stress, ein bis zwei Entspannungsverfahren wie Autogenen Training und Progressive Muskelentspannung. Dabei lernt man auch, Stressoren identifizieren, diese zu entschärfen und Gegenmaßnahmen zu aktivieren - zum Beispiel Gelassenheit gegen einen auszehrenden Perfektionismus zu entwickeln. Auch das sogenannte regenerative Stressmanagement ist ein Element in der Vorbeugung. Das sind als sinnvoll und befriedigend empfundene Aktivitäten, die sich inhaltlich, räumlich, zeitlich und in ihrer Intention zur Berufstätigkeit unterscheiden. Es werden hiermit Erholungsressourcen aufgebaut, wenn man jeden Abend etwas anderes unternimmt, um vom Arbeitstakt herunterzukommen: Mal mag es Sport sein, mal die Ruhe an sich, mal ein Treffen mit Freunden, ein intensiveres Gespräch mit der Partnerin oder über das eigene Leben nachdenken. Dabei ist es wichtig, die notwendige Distanz zur Arbeit zu behalten oder zu schaffen, um ihr aus einem neuen Blickwinkel zu begegnen und möglicherweise unrealistische Vorstellungen oder ungeeignete Prozesse zu korrigieren. Bewährt hat sich ebenfalls ein sinnvolles Zeitmanagement, realistische Erwartungen an den Beruf, Erweiterung enger Handlungsspielräume sowie eine Lebensplanung - Klärung von Zielvorgaben gepaart mit einer individuellen Balance zwischen Beruf, Beziehung und Persönlichkeitsentwicklung. Nicht zuletzt unterstützten feste Schlafenszeiten und eine ausgeglichene Ernährung unsere Fähigkeit Burnout zu vermeiden. Dazu zählt ein maßvoller Umgang mit Alkohol, keine Zigaretten oder andere Drogen, frisches Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch in einem ausgewogenen Verhältnis.

Maßnahmen am Arbeitsplatz

Dysfunktionale Erwerbsprozesse sind für das Entstehen von Burnout verantwortlich. Er-werbsprozesse vollziehen sich überwiegend in Unternehmen, Behörden, Dienstleistern,..., insoweit sind diese Organisationen in die Prävention von Burnout ebenfalls mit ein zu schließen. Stressmanagement gehört als Teil von moderner Unternehmenskultur stets im-plementiert. Zum Stressmanagement gehören nicht nur Aufklärung und die Fähigkeit des Umgangs damit, sondern vor allem eine gesund erhaltende Organisationsform. In den Aufbau- und Ablaufprozessen sind psychologische Erkenntnisse zu integrieren. Wie es heute selbstverständlich ist, medizinische Gesichtspunkte wie etwa die Beleuchtung oder die Körperhaltung im Arbeitsschutz zu berücksichtigen, ist es aufgrund der sich veränderten Arbeitswelt gekennzeichnet durch eine gestiegene Qualitäts- und Leistungsanforderung "Stressvermeidende" Elemente in die Aufbau- und Ablauforganisation zu implementieren. Es ist inzwischen eine unbestrittene Notwendigkeit, psychologische Faktoren stärker zu berücksichtigen. Diese Tatsache sollte jeder Führungskraft, jedem Chef bewusst sein.

Behandlung von Burnout

In einigen Fällen reicht ein Coaching mit ein paar Sitzungen. Psychische Belastung wirkt sich regelmäßig auch auf körperliche Störungen aus und umgekehrt. Neben einem Coaching mit einem Psychologen oder Therapeuten ist daher stets auch die Abklärung organischer Symptome notwendig und diese sind gegebenenfalls parallel zu behandeln. Da körperliche Störungen sehr oft mit psychischen Belastungen einhergehen ist ein individueller, multimodaler Ansatz notwendig. Eine Behandlung muss auf den Betroffenen und seine Lebens- bzw. Leidenssituation zugeschnitten sein. Oft genügt es, die eigene Lebens- und Berufssituation zu überdenken und diese mit fachlicher Hilfe wieder in Ordnung zu bringen.
Eine Behandlung von Burnout konzentriert sich auf folgende Bereiche:

1. Abbau des ursachenbedingten Stress, Reduzierung der körperlichen wie psychischen Symptome, damit nicht zuletzt Ressourcen für eine Veränderung frei werden.

Manchmal reichen schon ein paar Coaching-Sitzungen, eine unterstützende Behandlung eventueller organischer Symptome, ein paar Wochen Urlaub an der Sonne mit körperlichen Aktivitäten - vorzugsweise in der Gruppe. Bei einem schwerwiegenden Burnout kann eine Kombination zwischen einem längeren ambulanten Coaching und einer stationären Behandlung in einer Fachklink sinnvoll sein. In wenigen Fällen muss leider auch ein Arbeitsplatzwechsel in Betracht gezogen werden.

2. Anspruch und Erwartungen an realistischen Möglichkeiten anpassen. Eine gesunde Balance zwischen Lebenszielen aufbauen.

Wer ausgebrannt ist, der war einmal entflammt. Hierbei geht es darum, den eigenen Anspruch an sich selbst zu relativieren, sich selbst nicht alleine über die Arbeitsleistung zu definieren. Aufgabe in diesem Bereich ist es, attraktive gangbare Alternativen zu entwickeln. Auch wenn jemand beispielsweise weniger Verantwortung übernimmt, so kann er trotzdem immer noch ein guter Mitarbeiter, ein guter Ehemann, ein guter Vater und ein wertvoller Mensch sein, ohne sich selbst über seine Möglichkeiten bis zum Ausbrennen zu belasten.

3. Stressursachen im gesamten Lebensbereich (System) identifizieren und soweit möglich reduzieren und/oder die Fähigkeit des Umgangs verbessern.

Um einen Burnout dauerhaft zu bannen, müssen die Stressoren im gesamten Umfeld identifiziert und kontrolliert werden. Was nicht ausschließlich im eigenen Machtbereich liegt ist naturgemäß von der "Umwelt" abhängig. Trotzdem muss man nicht gleich zu dem Schluss kommen, dass nur ein Arbeitsplatzwechsel weiter führt. Oft helfen schon Veränderungen am bestehenden Arbeitsplatz: Arbeitszeiten an-passen, Teamarbeit, mehr Delegation von Aufgaben, eine Weiterbildung besuchen oder in einen anderen Arbeitsbereich wechseln. Auf jeden Fall sind Veränderungen mit einem intensiveren Kontakt zu Vorgesetzten, Mitarbeitern oder Kollegen verbunden.

4. Unterstützungsgegebenheiten aktivieren.


Für Burnout-Betroffene gilt es, soziale Ressourcen zu aktivieren. Dazu gehört in erster Linie die Partnerin, Freunde, Bekannte, Psychologen und nicht zuletzt in schweren Fällen auch Fachkliniken. Die Aktivierung des sozialen Netzes führt für sich oft schon zu einer Verbesserung. Pausen bei der Arbeit, Aktivitäten in der Gruppe - an der frischen Luft, wenig Alkohol, kein Nikotin, eine ausgewogene Ernährung und nicht zuletzt feste Schlafenszeiten unterstützen eine Besserung, wie man es sich auf den ersten Blick nicht vorstellen würde. Ein Coaching hilft dabei, das eigene Leben in eine gewünschte Richtung zu lenken.
Das Ziel eines Coachings ist es nicht nur zu mehr Selbsterkenntnis zu führen, sondern das Selbstkonzept in eine funktionale, burnout-resistente Richtung zu führen. Gefühle werden deutlicher wahrgenommen und ausgedrückt, negative Gedanken werden durch positive ersetzt, Konflikt- und Stressbewältigung wird trainiert, ... In jedem Burnout-Coaching geht es darum, funktionale Verhaltensweisen in den Berufsalltag einzubauen, damit Stress, Überlastung, Überforderung nicht mehr wie bisher um sich greifen, sondern sich vielmehr Sinnhaftigkeit, Maß und Ziel durchsetzen.

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